
Dein Auftritt auf der Bühne ist ein Fest. Ein Feuerwerk der Emotionen und ein Wunder der Perfektion. Jedes Detail passt, jeder Ablauf folgt deinem inneren Plan, jeder Ton erklingt gemäß seiner Bestimmung. Musik ist deine Sprache, dein Medium, dein Spielplatz der Gestaltungsmöglichkeiten. Jede Bewegung wurde von dir genauestens definiert und in unzähligen Wiederholungen für den perfekten Abruf vorbereitet. Du hast die Gabe, Melodien und Harmonien in Emotionen umzuwandeln und dir gelingt es, Menschen zu berühren und zu verzaubern.
Nicht deine Geschichte?
Keine Sorge – damit bist du nicht allein. Denn die innere Realität, wie sie viele (auch große) Künstlerinnen und Künstler beim Auftritt erleben hört sich oft eher so an:
Du hast für dein Konzert lange und viel geübt. Du hattest Spaß beim Üben (vielleicht auch nicht immer). Aber je näher das Konzert kam, desto verspannter und unsicherer wurdest du. Zweifel kamen, ob du gut genug bist. Ob deine Vorbereitung effektiv ist. Ob man deine Musik mögen würde. Der Tag deines Auftritts ist geprägt von Stress, Bauchschmerzen, vielleicht einem allgemeinen flauen Gefühl. Angst und Zweifel durchzucken dich. Du bist gar nicht mehr so sicher, ob du den Mut hast zu spielen.
Und dann dein Auftritt:
Du bist nervös, kämpfst mit Zittern und kalten Händen und fühlst dich körperlich fest. Du spielst und bist dir selber fremd. Du fühlst dich, als ob du neben dir stehen würdest. In deinem Kopf eine Stimme, die alles kommentiert. Nebel, der deine Sinne blockiert. Du schaffst es nicht, dein Publikum zu spüren. Die Musik fühlt sich irgendwie nutzlos an, ein wenig erfüllendes Herunterspulen von lang trainierten Tonfolgen. Du bist froh, als es zu Ende ist. Wenigstens ist kein Unfall passiert. Doch viele kleine Pannen. Du fühlst dich schlecht, hast versagt. Deine Freude ist auf dem Nullpunkt.
Tosender Applaus. Erstaunlicherweise scheint das Publikum mehr als zufrieden. Du lächelst gequält, erlöst von den Strapazen des Durchhaltens, gehst hinter die Bühne, unzufrieden und traurig. Deine Fans kommen zu dir, gratulieren, loben dich in den höchsten Tönen. Du willst nichts glauben: „ach ihr wollt mich nur aufmuntern, nee das war nix“.
Bist du es leid, diese Geschichte immer wieder zu erleben?
Es gibt einen Weg!
Du kannst erlernen, deinen Auftritt (wieder) zu genießen. Auftrittsfreude ist dein gutes Recht, und die Freude, auf der Bühne zu musizieren, deine Ernte für lange, harte Arbeit.
Der Grund für deine Freudlosigkeit, deine Zweifel und deine Körperreaktionen ist die Überreaktion deines Nervensystems.
- Vielleicht arbeitest du schon zu lange zu hart an dir.
- Vielleicht hast du dich in den letzten Jahren zu sehr auf das fokussiert, was noch nicht gut ist (das brauchtest du schließlich, um besser zu werden).
- Vielleicht hast du im Laufe deines Lebens Erfahrungen gemacht, die dein Körper abgespeichert hat.
- Vielleicht war es ein erstes Vorspiel an der Musikschule, das dir peinlich war.
- Oder eine harte Schelte eines Lehrers.
- Oder die herablassende Äußerung einer Schulfreundin.
„Mentale Blockaden“ lassen sich aufspüren und lösen.
Es ist wichtig zu wissen, dass unser Gehirn immer emotional lernt. D.h. mit Erinnerungen sind automatisch Emotionen verknüpft. Leider sind negativ assoziierte Erinnerungen deutlich stärker als positive. Erinnerungen an emotional belastende Erlebnisse werden daher sehr schnell aktiv. Hast du also einmal die (persönliche und daher völlig subjektive) Erfahrung kompletten Versagens auf der Bühne gemacht, kann eine ähnliche Situation bei dir sofort wieder die gleiche Reaktion von Peinlichkeit und weglaufen-Wollen auslösen. Selbst wenn dir diese Situation nicht bewusst ist – dein Körper erinnert sich und reagiert mit Symptomen von Stress und Angst.
Wenn unser Nervensystem den Auftritt als Gefahr einstuft
Der Grund dafür liegt in der Evolution des Menschen. Unser Organismus ist auf das Überleben in der Wildnis ausgerichtet. Für das Überleben ist es entscheidend, dass wir uns an gefährliche Situationen erinnern. Wer einmal dem Feuer gefährlich nahe gekommen ist, wird die Gefahr von nun an meiden, oder sich nur noch mit äußerster Vorsicht nähern. Sobald es brennt, stellt dein Organismus blitzschnell alle Energie zur Verfügung, damit du davonrennen, oder das Feuer mit übermenschlichen Kräften löschen kannst.
Auf der Bühne allerdings ist diese Reaktion kein Vorteil. Die körperlichen Symptome von Angst stehen dir beim Musizieren im Weg, sie nehmen dir die Durchlässigkeit und die Leichtigkeit, die du brauchst, um deine Musik zu „spielen“. Außerdem verderben Stress und Angst dir deinen großartigen Moment auf der Bühne.
Kannst du deinem Organismus beibringen, dass dein Auftritt kein Buschbrand ist?
Die gute Nachricht: dein Gehirn ist lernfähig!
Heutzutage wissen wir, dass das Gehirn in der Lage ist, selbst traumatische Erinnerungen umzuwandeln und die Emotionen, die mit ihnen verbunden sind, zu verändern. Hilfreich dabei sind Methoden, die den Körper mit einbeziehen, denn tatsächlich sind auch Nerven unter der Haut und in den Gelenken Teile des Erinnerungsspeichers.
Bestimmte Körperhaltungen kommunizieren nicht nur an die Außenwelt, wie es dir geht, sondern sie senden auch an dein Gehirn Informationen über deinen emotionalen Zustand. Darum fühlst du dich z.B. sofort ein bisschen traurig, sobald du deine Mundwinkel herunterziehst und so tust, als ob du weinen würdest. (Probier das mal aus – aber danach bitte wieder lächeln!) Dieses Phänomen nennen wir Embodiment. Wenn wir trotz Angst und Stress ganz bewusst eine positive, spielbereite, feierliche Körperhaltung einnehmen, erhält das Gehirn das Signal „mir geht es gut, ich freue mich“. So können wir bereits über unsere Körperhaltung Einfluss darauf nehmen, wie wir einen Auftritt erleben.
Mit Embodiment dem Stress entgegenwirken.
Embodiment spielt auch eine große Rolle in der Methode PEP® (Prozess- und Embodiment fokussierte Psychologie von Dr. Bohne), die Stresssymptome unter anderem durch rhythmisches Klopfen auf bestimmte Körperpunkte behandelt. Das Klopfen führt zu einer schnellen Reduktion von Stress auf der Körperebene. Ähnlich wie die Behandlung mittels Augenbewegungen (EMDR) kann diese Stimulation die Auflösung negativer emotionaler Erinnerungen bewirken und den Weg für lösungsorientiertes Denken freimachen.
Klopfen wird entweder bei akutem Stress angewendet, oder zur nachträglichen Bearbeitung emotional belastender Erfahrungen eingesetzt. In Vorbereitung auf schwierige Situationen, wie z.B. Prüfungen, Auftritte und Bewerbungsvorstellungen wird diese Übung Teil des täglichen Trainings.
Mit dem richtigen Selbstgespräch zum Auftrittsfest
Im Zusammenhang mit Auftrittsstress stoßen wir fast immer auf die Frage, wie wir mit unseren Fehlern umgehen und wie wir mit uns selbst sprechen. Die meisten von uns sind ziemlich begabt darin, sich selbst innerlich fertig zu machen. Selbstzweifel und destruktive Gedanken („ich schaff das eh nicht“, „ich bin nicht genug“, „ich hab mich nicht genug vorbereitet“) gehören zur Tagesordnung. In einer kombinierten Anwendung von kognitiver Analyse und eindeutiger Gestensprache (Körperebene) können solche Blockaden sehr wirksam aufgelöst werden (z.B. im Selbstwerttraining mit der Methode PEP®). So wird der Weg frei für neue, hilfreiche Lösungsstrategien.
Die Lösung von Blockaden kann manchmal überraschend schnell gehen. Um aber eine nachhaltige Veränderung zu bewirken, ist regelmäßiges Training wichtig und notwendig. Im Affirmationstraining (s.u.) werden neue, hilfreich Denkmuster durch tägliche Wiederholung in das Denken eingespeist und ersetzen dort nach und nach die alten Denkmuster. Immer vor dem Auftritt zu denken: „das wird bestimmt wieder furchtbar“), ist ja über Jahre zur Gewohnheit geworden.
Nun suchen wir uns neue, hilfreiche Gedanken aus, die uns im Auftritt Stärke geben, statt uns zu sabotieren (z.B. „ich bin gut vorbereitet und vertraue auf mein Können“). Diese Sätze (Affirmationen) wiederholen wir so oft und intensiv, bis die gewählten Denkmuster an Stelle der alten Zweifelgedanken getreten und komplett verinnerlicht sind. Im Allgemeinen ist eine Trainingszeit von zwei Monaten notwendig, um die alte Denkgewohnheit durch die neue zu ersetzen.
Affirmationen „von der Stange“: 5 Zauberformeln für deinen Auftritt.
Suche dir aus den folgenden Affirmationen eine oder mehrere aus. Probiere, sie einige Tage vor deinem nächsten Auftritt regelmäßig laut zu auszusprechen und nimm bewusst wahr, ob die neuen Gedanken einen Einfluss auf dein Spiel haben. Du kannst die Affirmationen genau in dieser Formulierung benutzen, oder für dich passend ändern. Wenn du dir eigene Affirmationen schreiben möchtest, frage dich zuerst, was deine Stärken sind und was du brauchst. Finde eine Formulierung, die dich an diese Dinge erinnert.
- ich freue mich auf den Auftritt und genieße meine Musik.
- heute feiere ich mein persönliches Bühnenfest.
- ich hab jetzt echt ’nen tollen Moment verdient. Den gönn ich mir.
- heute mach ich ganz entspannt. 80% sind genug.
- Musik ist meine Sprache, und auf der Bühne hab ich was zu sagen.
Affirmationen sind Gedanken, die uns an unsere Stärken, Qualitäten und Kompetenzen erinnern und uns beflügeln und entlasten sollen. Im Rahmen eines individuellen Trainings werden Affirmationen passgenau auf dich und deine Auftrittssituation zugeschnitten und so lange gefeilt, bis sich genau richtig anfühlen.
Fazit
Ein sinnvolles Auftrittstraining enthält Strategien, um bestehende Blockaden aufzulösen, arbeitet mit Affirmationen gegen destruktive Selbstgespräche (negative Gedanken) und setzt Körper- und Entspannungstechniken ein, um dem Nervensystem zu ermöglichen, Stress abzubauen und das Gleichgewicht von Aktivität (Sympathikus) und Entspannung (Parasympathikus) herzustellen.
Mentales Training stellt dir ein Repertoire an hilfreichen Methoden zur Verfügung, mit denen du dauerhaft deine mentale Stärke verbessern und deine Freiheit auf der Bühne wiedererlangen kannst. Du machst dir deine Fähigkeiten und Kompetenzen bewusst und entdeckst die Power deines Körpers und deiner Fantasie. Kraftvolle innere Bilder und kreative Vorstellungskraft bereichern deine Gestaltungsfähigkeit und ermöglichen dir, dein volles Potenzial zu entfalten.
Mentales Training ist ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung und inspirierende, fantasievolle Arbeit, die sich in deinem Klang, deinem Ausdruck und deinem ganzen Auftreten widerspiegeln wird.